5. Klasse Skript 2: Kompetenz-Training

In diesem Skript werden Hinweise zu den prozessbezogenen Kompetenzen gegeben, die schon immer Bestandteil eines guten Biologie-Unterrichts waren, jetzt aber genauer benannt und systematisiert werden und mit stärkerer Gewichtung in den Unterricht eingebunden werden sollen. Dieses Skript wendet sich an Berufsanfänger wie an erfahrene Lehrkräfte, denn die Kompetenz-Orientierung ist in dieser Form und in diesem Umfang für alle neu.

Wörtliche Zitate aus dem LehrplanPLUS erscheinen in diesem Skript kursiv und in Anführungszeichen.

Vgl. auch das Skript „Kompetenztraining in der Unterstufe“

Anleitungen einschließlich methodisch-didaktischer Hinweise für eine Vielzahl von Versuchen und Untersuchungen sowie einige Modelle und Rollenspiele enthält der Akademiebericht Nr. 506 „Bio? – logisch!“ der Akademie für Lehrerfortbildung und Personalführung (ALP), 2017 [Link].

Themen-Übersicht:

 

  • Zusammenfassung der prozessbezogenen Kompetenzen in der 5. Klasse: [word] [pdf]
  • Multimedia zu meinem Vortrag „Kompetenzen in der Unterstufe“ [pptx]
  • Multimedia zu meinem Vortrag „Spracharbeit Unterstufe“ [pptx]
  • Multimedia zu meinem Vortrag „Stoffverteilung Unterstufe“ (Didaktik, Methodik [pptx]

 

Prozessbezogene Kompetenzen nach LehrplanPLUS

Allgemeine Vorgaben im LehrplanPLUS

Der LehrplanPLUS unterscheidet zwischen Fachkompetenz (Fachwissen) und den prozess­bezogenen Kompetenzen Erkenntnisse gewinnen, kommunizieren und bewerten, die für den Schwerpunkt Biologie in allgemeiner Form im Lernbereich 2.1 aufgelistet sind. Ein zukünfti­ger bun­des­weiter Aufgabenpool wird sich auch auf die pro­zessbezogenen Kompetenzen beziehen. Der Serviceteil des LehrplanPLUS bietet Erläuterun­gen, Querverweise, Materialien (für die 5. Klasse durch­aus auch im LehrplanPLUS der Grund­­schule suchen!) sowie Beispiele für Aufgaben. Dabei werden vor allem die im Vergleich zum Vorgänger-Lehrplan neu hinzu gekommenen Aspekte berücksichtigt, weniger das Altherge­brachte. Ikons, die zu Dokumen­ten führen, sind farbig gestaltet; Ikons, hinter denen sich noch keine Dokumente befinden, sind grau.

Kommentare zu den Aufgaben des ISB finden Sie hier: [word] [pdf]

In den Schwerpunkten Biologie und Naturwissenschaftliches Arbeiten (NA) lässt der LehrplanPLUS trotz seiner detaillierten Forderungen erkennbare Freihei­ten in der Wahl der Feinlernziele, der Untersuchungen und Experimente, der Medien sowie der konkreten Umset­zung des Kompetenz-Trainings (an­ders als z. B. in Phy­sik).

Verbindlichkeit: Während die im LehrplanPLUS aufgelisteten obligaten Fachinhalte vollstän­dig im Unterricht zu behandeln sind (Minimal-Forderung), sind die Formulierungen im ersten Lernbereich (prozessbezogene Kompetenzen) als Maximal-Forderungen zu verstehen, deren vollständige Erfüllung der Note 1* entspräche. Das heißt, sie stellen Ziele dar, die stets angestrebt werden sollen, in der Regel aber nur bis zu einem gewissen Grad erreicht werden können.

Nachhaltiges Lernen ist nur erreichbar durch kumulatives Lernen, d. h. durch mehrfache Anwendung des Gelernten in neuen Kontexten. Gerade eine enge Verschränkung von Biologie und Naturwissenschaftlichem Arbeiten in der 5. Klasse bietet eine beeindruckende Fülle von Möglichkeiten dafür. Mehr dazu in diesem Skript: [word] [pdf]

Das vorliegende Skript soll eventuell vorhandene Berührungsängste mit der Kompetenzorien­tierung abmildern, indem es versucht, den Blick auf das Wesentliche zu lenken, in Anhängen aber auch kon­krete Beispiele zur Umsetzung des LehrplanPLUS anbietet.

1     Erkenntnisse gewinnen

Die Schüler sollen den Weg der naturwissenschaftlichen Erkenntnisgewinnung an möglichst vielen verschiedenen Beispielen nachvollziehen. Dies basiert zum einen auf Experimenten (im engeren Sinn: mit Fragestellung, Versuchsanordnung, Beobachtung, Erklärung) und Untersuchungen (von den Schülern bzw. von der Lehrkraft durchgeführt bzw. durch Medien demonstriert) und zum anderen auf der Arbeit an Modellen.

Die Schüler „leiten aus dem Vergleich historischer und moderner Quellen ab, dass sich Wissen ver­ändert und altes Wissen aufgrund neuer Erkenntnisse verworfen oder abgeändert wird. – Entwicklung und Eigenschaften naturwissenschaftlichen Wissens: Veränderung von Wissen im Lauf der Zeit.“ Das lässt sich beispielsweise bei der Bewegung des Blutes gut darstellen: Während man lange von einer Hin- und Her-Bewegung ausgegangen ist, konnte William Harvey 1628 beweisen, dass das Blut im Kreislauf fließt (dass im 13. Jahrhundert der arabische Arzt Ibn an-Nafis bereits die selbe Erkenntnis hatte, war in Europa damals nicht bekannt). Packt man nicht noch mehr hinein, lässt sich die Veränderung von Wissen im Lauf der Zeit an diesem Beispiel altersgemäß und deshalb erfolgreich transportieren. Hier das Arbeitsblatt dafür: [word] [pdf]

1.1     Experimente und Untersuchungen

Unterstützt durch die Erfahrungen aus den Untersuchungen im Schwerpunkt Naturwissen­schaft­liches Arbeiten verinnerlichen die Schüler von Beispiel zu Beispiel immer stärker die Phasen des naturwissenschaftlichen Erkenntniswegs:

  • Fragestellungen erkennen
  • Hypothesen (und Gegenhypothesen) formulieren
  • naturwissenschaftliche Untersuchung planen und durchführen
  • Daten auswerten (d. h. in sinnvoller Weise darstellen) und interpretieren.

Zunächst müssen sie dabei sehr eng geführt werden, sollen mit der Zeit sie aber immer selb­ständiger werden, indem sie die Fragestellungen bzw. Hypothesen mit immer weniger Einhilfen bzw. selbst finden oder indem sie „aus wenigen vorgegebenen Arbeitsweisen oder -techniken eine passende auswählen“. Im Idealfall entwerfen sie selbst einen sinnvollen Versuchsaufbau. Schließlich führen sie „nach Anlei­tung ein­fache naturwissenschaftliche Untersuchungen zu vorgegebenen Themen und Fragestellungen durch und verwenden dabei ggf. einfache Geräte und Hilfsmittel“. Sie verwenden dabei „naturwissen­schaft­liche Arbeitsweisen: u. a. Beobachten, Vergleichen, Experimentieren“ sowiegrundlegende Ar­beits­techniken: im Labor u. a. Umgang mit Glasgeräten, Temperatur- und Massenbestimmung; im Frei­land u. a. Sammeln und Bestimmen von Pflanzen“ und erlernen „einfache Nachweisreaktionen: Stärke­nachweis, Fettfleckprobe, Kalkwasserprobe, Glimmspanprobe“. Wesentlich dabei ist das strikte „Beachten von Verhaltens- und Sicherheitsregeln, die halbjährlich besprochen werden müssen (die Schüler be­stä­tigen dies jeweils mit ihrer Unterschrift). Die Schüler-Experimente und -Unter­suchungen finden in der Regel im Schwerpunkt Naturwissenschaftliches Arbeiten statt, auch dann, wenn der LehrplanPLUS die genannten Kompetenzen und ihre Inhalte im Lehrplan­abschnitt für den Schwerpunkt Bio­logie auflistet.

Einführung des Stärkenachweises mit Kontrollversuchen: v. l. n. r. Wasser, Kochsalz-, Zucker- und Stärkelösung, jeweils mit drei Tropfen Iod-Lösung (rechts) versetzt

Im Idealfall wird aufgrund einer Beobachtung eine Fragestellung und daraus eine Hypothese (am besten mit Gegen-Hypothese) entwickelt, die anhand einer Untersuchung oder eines Modells überprüft und damit verifiziert oder falsifiziert wird. In der Regel sollten dabei  Kontrollversuche durchgeführt werden (z. B. wird die Iod-Probe außer mit Stärke-Lösung auch mit Wasser, Kochsalz- und Zucker-Lösung durchgeführt) bzw. Blindproben (Parallelversuche ohne die wirksame Substanz). Es ist sinnvoll, bereits in der 5. Klasse den Fachbegriff Hypothese einzuführen: „Eine Hypothese ist eine Erklärungs-Idee, die richtig oder falsch sein kann.“ (Der Begriff „These“ ist zwar grundsätzlich auch korrekt, ist aber viel allgemeiner gehalten wie z. B. Luthers berühmte Thesen.) Dabei sollte man auch betonen, dass das Erstellen einer Hypothese immer eine beachtliche Leistung darstellt, auch wenn sich durch das Experiment herausstellt, dass sie falsch ist – eine Erkenntnis, die auch älteren Schülern nicht ohne weiteres einleuchtet.

Anregungen zur Kompetenzschulung durch Experimente enthält der Abschnitt zu Naturwissenschaftlichem Arbeiten (5. Klasse Skript 4).

Untersuchungen durchführen in der 5. Klasse: Beispiele [word] [pdf]

Hinweise zum Anlegen eines naturwissenschaftlichen Protokolls [word] [pdf]

Die Schüler „identifizieren bei einfachen naturwissenschaftlichen Untersuchungen mögliche Fehlerquel­len und leiten daraus die Notwendigkeit gewissenhafter Planung sowie sorgfältigen Arbeitens zur Feh­ler­vermeidung ab“. Dies lässt sich beispielsweise beim Erhitzen von Wasser mit einer Kerzen­flamme gut behandeln: Der Abstand zwischen Flammenspitze und Reagenzglasboden muss konstant sein (deshalb Stativ verwenden), die Flamme sollte immer gleich groß sein, das Wasser muss vor jeder Messung gleichmäßig durchgerührt werden, das Thermometer darf nicht auf dem erhitzten Reagenzglasboden aufsitzen, der Zeitpunkt der Messungen muss genau eingehalten werden, die Temperatur muss auf der Skala korrekt abgelesen werden usw.

Im ersten Lernbereich des Schwerpunkts Biologie führt der LehrplanPLUS zwei konkrete biologische Unter­suchungen auf (die also obligat durchzuführen sind):

Untersuchung: Mikroskopieren

Die Schüler lernen Aufbau und Bedienung des Lichtmikroskops kennen. Sie verwenden es „nach Anleitung, um tierische und pflanzliche Zellen zu betrachten, und erstellen nach konkreten Vor­gaben beschriftete Zeichnungen der betrachteten einfachen biologischen Grundstrukturen“. Sie stellen unter „Verwendung von Objektträger und Deckgläschen einfache Präparate ohne Schnitte her und fär­ben diese ggf. an, um Bestandteile der Zellen besser erkennbar zu machen“ (das Anfärben verlangt der LehrplanPLUS also nicht obligat).

Skript Mikroskopie Praktikum [word] [pdf]

Untersuchung: Einheimische Samenpflanzen

Die Schüler „sammeln einheimische Samenpflanzen und bestimmen diese mithilfe einfacher Bestim­mungs­literatur (z. B. bebilderter Bestimmungsbücher), um ihre Artenkenntnis zu erweitern“. Beispielsweise entdecken die Schüler im Freiland verschiedene blühende Wiesenpflanzen, fotogra­fie­ren Blüte, Blatt oder Frucht und geben die Bilder in eine Pflanzenbestimmungs-App ein (z. B. „Garden Blumen Identifizieren“ von zhang dan, kostenlos für iOS-Geräte). Die App zeigt anhand eines Fotos mehrere Pflanzenarten an, die in Frage kommen, und die Schüler forschen mit Internet-Seiten oder einem klassischen Bestimmungsbuch (z. B. Aichele: Was blüht denn da?) weiter nach, bis sie ihre Pflanze möglichst genau bestimmt haben. Die Verwendung elektronischer Medien wirkt einerseits, andererseits dient ihr zielorientierter Einsatz gleich­zeitig der Medienerziehung.

1.2     Modelle

Die Arbeit an und mit gegenständlichen und Denk-Modellen soll im Vergleich zu früheren Zeiten künftig deutlich intensiviert werden. Dabei muss auch das Phänomen Modell an sich thematisiert werden: Die Schüler „beschreiben Kennzeichen und Eigenschaften von Modellen und erklären, wozu Modelle in der Biologie verwendet werden“. Dabei nennen sie „Kennzeichen und Eigenschaften von materiellen Model­len: Unterschiede zum Original, z. B. Hervorheben wesentlicher und Weglassen nebensächlicher Eigen­schaf­ten, anderes Material“, und sie erkennen ihre „Verwendung zur Veranschaulichung“.

Sehr naturnahes Holzmodell (dem man die Hilfe von Erwachsenen ansieht) mit Luftballons als Muskeln, wobei aber die Streckerfunktion nicht dargestellt wird.
Einfacheres Holzmodell mit korrekt montierten Luftballons als Muskeln, bei dem ein Möbelscharnier und die Dicke der Holzleisten den korrekten Bewegungsablauf garantiert.

Obligat ist die Verwendung von Modellen in der Menschenkunde:  Die Schüler „informieren sich mithilfe von Struktur- und Funktionsmodellen über anatomische Merkmale des menschlichen Kör­pers“. Auch erstellen sienach Anleitung ein Modell zu einem biologischen Sachverhalt und verglei­chen die Eigenschaften des Modells mit den tatsächlichen Verhältnissen in der Natur“. Beispielsweise basteln sie (als NA-Hausaufgabe) ein Funktionsmodell zu Beuger- und Strecker-Muskel am Arm und präsen­tieren es modellkritisch vor der Klasse.

Eine Anleitung dazu in Form einer Folie finden Sie hier: [word] [pdf])

Modellkritik, also der kritische Vergleich von Modell und Wirklichkeit, soll immer wieder mit den Schüler geübt werden. Naturwissenschaften können die Natur nicht objektiv erfassen, sondern sie konstruieren jeweils Modelle, die ständig über­prüft und verfeinert bzw. je nach Bedarf auch vergröbert werden. Für Schüler ist es erfah­rungs­gemäß sehr schwer zu akzeptieren, dass die Naturwissenschaften „nur“ Modelle anbie­ten können, nicht aber objektive Wahrheiten. Ebenso muss den Schülern klar werden, dass die Qualität eines Modells nicht davon abhängt, wie viele Aspekte der Wirklichkeit es zeigt oder wie genau sie darstellt werden, sondern wie gut es für die Beantwortung einer Fragestellung geeignet ist (Weglassen bestimmter Aspekte lenkt weniger ab, Beschränkung auf wenige Aspekte schließt beim Erproben Einflüsse dieser weggelassenen Aspekte aus usw.).

2     Kommunizieren

Hier finden Sie das Skript zu Sprachsensiblem Unterricht (keine Angst: tut nicht weh!) [word] [pdf]

Kommunizieren im Sinne des LehrplanPLUS bedeutet neben Sprechen und Schreiben auch die Umwandlung von einer Kommunikationsform in eine andere, denn Fachsprache umfasst neben der Textform auch andere Darstellungsformen wie Tabellen, Diagramme oder Symbole (z. B. chemische Formeln oder Wortgleichungen chemischer Reaktionen).

Die Schüler entnehmen unterschiedlichen Quellen Informationen und stellen sie in anderer Form dar. Als Quellen dienen Beobachtungen aus Untersuchungen und Experimenten, Filme und Animationen, Bilder, Skizzen, Schema-Zeichnungen, (nicht zu komplizierte) Diagramme, einfache Tabellen oder (wenn sie kindgerecht und sprachsensibel formuliert sind) Texte. In den Schulbüchern sind die Abbildungen meist gut für die Altersstufe geeignet, die Texte aber bezüglich Sprachniveau, Umfang und Übersichtlichkeit allzu oft nicht altersgemäß.

Anhand der Quellen fertigen die Schüler einfache Texte, Tabellen, Diagramme oder Übersichtszeichnungen selbst an. Dabei soll immer wieder die Darstellungsform wech­seln: Der Inhalt einer Tabelle wird in ein Diagramm übertragen bzw. in Textform dargestellt; der Inhalt eines Diagramms sowie sein Kurvenverlauf werden verbalisiert; experimentell oder durch Erhebung gewonnene Daten werden in Tabellen dokumentiert und danach in einfachen Diagrammen dargestellt usw.

Anhand eines Experiments (Erhitzen von Schnee über einer Kerzenflamme) gewinnen die Schüler Daten, die sie in einer Tabelle dokumentieren.
Die Schüler erstellen anhand der Daten in der Tabelle ein Säulendiagramm, das sie aus der Grundschule kennen. An der vertrauten Form üben sie das Anlegen der Achsen und das korrekte Eintragen der Werte. Neu ist, dass es deutlich mehr als nur drei Säulen sind.
Erst wenn sie einige Übung mit der Anlage von Säulendiagrammen haben, wird die neue Form des Liniendiagramms eingeführt, am besten anhand eines bereits bekannten Beispiels.

Ausgehend von einfachen Säulendiagrammen (in der Grundschule mit bis zu 3 Werten) wer­den mit den Schülern umfangreichere Säulendiagramme (vertikale, schmale Rechtecke), ggf. Balkendia­gramme (horizontale, schmale Rechtecke) sowie Linien- oder Kurvendiagramme (allerdings nur bei Werten, die sich kon­tinuierlich verändern, nicht bei diskontinuierlichen Werten) entwickelt. Dabei ist sehr behutsam in kleinen Schritten vorzugehen. Alle wichtigen Gedanken sollten schriftlich fixiert und das Anlegen bzw. Verbalisieren von Diagrammen möglichst oft eingeübt werden. (Ein Einstieg über ein Liniendiagramm mit zwei Linien, wie in einem Schulbuch dargestellt, wäre absolut kontraproduktiv!) Von Anfang an sind die Schüler dazu anzuhalten, Karopapier und Lineal zu verwenden sowie sehr sorgfältig zu zeichnen. (Ggf. Zusammenarbeit mit Geographie, wo in der 5. Klasse ebenfalls intensiv mit Diagrammen gearbeitet wird.)

Diagramm-Kompetenz Biologie 5. Klasse, Skript [word] [pdf]

Sprachsensibler Unterricht: Weil vielen Schülern die für die Verbalisierung notwendigen Nomen und Adjektive, vor allem aber Verben und deren Präpositionen fehlen, ist es sinnvoll, diese z. B. in Form von Wortlisten oder Wortfeldern vorzugeben. Bei Wortlisten kann das Problem auftreten, dass die Schüler die Quellen kaum noch beachten und stattdessen aus den vorgegebenen Wörtern Sätze bilden, geleitet von deren Reihenfolge in der Liste. Dies wird vermieden, wenn die Wörter durcheinander stehen (und gegeneinander verdreht sind), so dass sich keine Reihenfolge ergibt. Abgestufte Einhilfen (von schwach nach stark) nach Josef Leisen:

  • Benötigte wie überflüssige Wörter stehen als Wortfeld außerhalb der Quelle.
  • Ausschließlich benötigte Wörter stehen als Wortfeld außerhalb der Quelle.
  • Ausschließlich benötigte Wörter stehen als Wortliste außerhalb der Quelle.
  • Jedes Wort steht direkt bei dem Element der Quelle, für das es benötigt wird.

Die Schüler verwenden bei der „Beschreibung von biologischen Sachverhalten und der Argumentation zu biologischen Themen Elemente der Fachsprache. Sie beantworten einfache biologische Fragestel­lun­gen, indem sie vorgegebene, auf einfachen Texten mit wenigen einfachen Darstellungsformen beruhende Quellen (Schulbuch, populärwissenschaftliche Quelle) auswerten“.

Eine gute Fachsprache setzt eine angemessene Beherrschung der deutschen Sprache voraus. Zwar ist und bleibt die Erweiterung des alltagssprachlichen Wortschatzes oder die Behandlung der Grammatik Thema des Deutsch-Unterrichts, eine korrekte Fachsprache (Bildungssprache) kann aber nur im Fachunterricht vermittelt werden. Im Biologie-Unterricht werden neben naturwissen­schaft­lichen Fachbegriffen auch allgemein-sprachliche Begriffe eingeführt, wenn sie im biologischen Kontext wichtig sind. Es ist sinnvoll (auch für deutsche Muttersprachler), bei Nomen stets das grammatikalische Geschlecht und die Pluralform anzugeben (und dann auch zu verlangen!) und bei unregelmäßigen Verben die Form des Imperfekt und das Partizip Perfekt.

Auch in großen Klassen soll jeder Schüler möglichst viel Gelegenheit zu eigenem Formulieren erhalten; meist wird das in schriftlicher Form erfolgen. Dafür ist entsprechend Zeit einzuplanen. Die wenigen von Zuhause sprachlich sehr gut geförderten Schüler täuschen oft darüber hin­weg, dass die meisten muttersprachlichen Zehnjährigen nur über einen stark eingeschränkten Wortschatz, v. a. bei differenzierenden Verben und Adjektiven, verfügen. Außerdem haben viele Schüler mit Migrationshintergrund ganz allgemein Probleme mit Deutsch (wer in seiner Muttersprache gut alphabetisiert ist, hat keine Probleme, sich auch im Deutschen relativ schnell zurechtzufinden; die großen Problemfälle sind Migrantenkinder, die in ihrer Muttersprache nicht gut alphabetisiert sind).

Tipp von Josef Leisen: Verfassen Sie spontan ein Versuchsprotokoll in einer Fremdsprache. Sie werden feststellen, wie schwierig die Wortfindung ist und wie oft Begriffe dabei umschrieben werden müssen.

Für sprachgehemmte Schüler ist es sehr hilfreich, wenn sie zunächst nonverbal einen Sachverhalt anhand von Modellen oder Tafelapplikationen darstellen können und bereits für diese Darstellung Rückmeldung von der Lehrkraft bekommen, bevor sie sich um die schwierige Verbalisierung des Sachverhalts bemühen.

Exakte Darstellungsweise fördert das Verständnis für den Weg der Erkenntnisgewinnung; deshalb müssen von Experimenten und Untersuchungen sorgfältige Protokolle angefertigt werden. Der Lehrplan-PLUS nennt ver­bindlich die „Bestandteile eines naturwissenschaftlichen Protokolls: Titel, Aufbau und Durchführung, Beobachtung, Auswertung und Interpretation“. Dies entspricht der inhaltlich identi­schen klassi­schen Formulierung:

  • F          Fragestellung (Worum geht es?) bzw. Hypothese(n)
  • VA       Versuchsaufbau (Was haben wir? Was tun wir?)
  • B          Beobachtung (Was sehen wir? – Scharf von der Erklärung trennen!)
  • E          Erklärung / Ergebnis (Was erkennen wir daraus?)

Die Formulierung in Form einer Leitfrage (z. B. „Was sehen wir?“) unterstüzt Schüler, die mit dem Nominalstil (z. B. „Beobachtung“) Schwierigkeiten haben.

Wichtige Hinweise zu sprachsensiblem Unterricht, der sprachliche Überforderung vermeidet, die Schüler auf dem anstrengenden Weg des Erwerbs einer guten Fachsprache begleitet, finden Sie auf der Webseite von Josef Leisen: [Link]

3     Bewerten

Gemäß dem Entwicklungsstand der noch sehr jungen Schüler bezieht sich der Kompe­tenzbereich „Bewerten“ in der 5. Klasse ausschließlich auf den eigenen Körper (in der 6. Klas­se dann auch auf auf andere Lebewesen). Die Schüler „wägen Folgen von Handlungen für die Gesunderhaltung des eigenen Körpers ab, um bewusste Entscheidungen treffen zu können“. Der Unter­richt zielt dabei auf „Gesundheitsbewusstsein und Verantwortung: z. B. Schutz der Sinnes­organe, ausgewogene Ernährung, sportliche Betätigung, Suchtgefahr“. Vgl. das fünfseitige Skript „Kompetenzbereich: Bewerten“ für die 5. und 6. Klasse im Serviceteil zum Lehr­planPLUS: [pdf]

Im weiteren Sinne könnte man diesem Kompetenzbereich auch das Beurteilen zuordnen, beispielsweise die Beurteilung über die Eignung eines Modells für eine bestimmte Fragestellung oder Hypothese bzw. beim Korrigieren von fehlerhaften Aussagen oder bildlichen Darstellungen. Im Gegensatz zu früheren Zeiten gilt die Korrektur von Fehlern durch Schüler heute als effektive Lernmethode, solange unmissverständlich klar gestellt ist, dass die vorgegebenen Darstellungen bewusst Fehler enthalten, welche zu korrigieren sind. Schüler korrigieren gern und auffallend kritisch!

Nach der Behandlung des menschlichen Kreislaufs erhalten die Schüler Skizzen dieser Art und beurteilen sie: Was ist gut dargestellt, was ist falsch dargestellt, was fehlt?

Hier finden Sie ein Beispiel für einen Fehlertext zum Thema Energieversorgung von Zellen für die Selbstevaluation der Schüler: [word] [pdf] sowie eine weitere Variante zum selben Thema: [word] [pdf]

Kompetenz-Training „Gewicht der Schultasche“, Larissa Arzt [word] [pdf]